07.07.2022

Stiftung hilft depressiv erkrankten Menschen

Eheleute Schmöger-Stiftung ermöglicht neue Anlaufstelle für Betroffene und deren Angehörige im Peter-Rantzau-Haus in Ahrensburg. Mit einem kreisweit einmaligen Pilotprojekt haben die Bürger-Stiftung Stormarn und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Ahrensburg ab sofort eine neue Anlaufstelle für depressiv erkrankte Menschen und ihren Angehörigen eingerichtet.  

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Seit 1. Juli steht die Genesungsbegleiterin Patrizia Pettke mit regelmäßigen Sprechstunden im Peter-Rantzau-Haus kostenfrei für Beratungen zur Verfügung. 

Möglich macht dieses Angebot die Norderstedter Eheleute Schmöger-Stiftung, die unter dem Dach der Bürger-Stiftung Stormarn organisiert ist. „Wir tragen die Kosten für die 450 Euro-Stelle sowie den. Arbeitgeberanteil“, sagt Ursula Pepper, Projektkoordinatorin und stellvertretende Stiftungsratsvorsitzende der Bürger-Stiftung Stormarn. „Die Eheleute Schmöger-Stiftung will damit auf die Krankheit Depression aufmerksam machen und niedrigschwellig über Hilfsangebote informieren.“

Erst vor kurzem hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem aktuellen Bericht zu mentaler Gesundheit festgestellt, dass die Fälle von Depressionen und Angststörungen weltweit allein im ersten Pandemiejahr um 25 Prozent gestiegen seien. In Deutschland erfülle sogar mehr als jeder vierte Erwachsene binnen eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung, so die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Alle Länder müssten mehr tun, um Betroffenen zu helfen, so das Fazit der WHO.

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Die Beteiligung Erfahrener erleichtert Betroffenen den Zugang zu Hilfe

Mit Patrizia Pettke bietet die Eheleute Schmöger-Stiftung Betroffenen und deren Familien versierte Hilfe an: Die Ahrensburgerin lebt selbst mit einer rezidivierenden Depression und ist auch in mehrfacher Hinsicht Angehörige. Seit April dieses Jahres leitet sie in der Ahrensburger Begegnungsstätte „Uns Huus“ der AWO eine Recovery-Gruppe für Menschen mit seelischer Erschütterungserfahrung. Während der Corona-Pandemie ließ sie sich zur sogenannten Genesungsbegleiterin ausbilden. 

Die Ausbildungskosten unterstützte die Stiftung, für die sie seit 2017 ehrenamtlich tätig ist. Bei dieser vom Verein EX-IN Deutschland seit 2005 bundesweit angebotenen Qualifizierung werden Betroffene mit Erfahrungen im psychiatrischen Hilfesystem, ein Jahr lang von Psychologen oder Psychiatern sowie Trainern mit Krisenerfahrung geschult. EX-IN steht für den englischen Begriff Experienced Involvement und bedeutet übersetzt „die Beteiligung Erfahrener“. In Schleswig-Holstein verantwortet und zertifiziert die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie diese Qualifizierung. Die angehenden Genesungsbegleiterinnen und -begleiter setzen sich in zwölf dreitägigen Modulen mit ihrer eigenen Genesungsgeschichte auseinander und lernen Methoden, wie sie ihre Erfahrungen für andere Betroffene nutzbar machen können.

„Menschen, die psychische Probleme haben, fühlen sich besser verstanden und ernst genommen, wenn ihr Gegenüber diese Probleme aus eigener Erfahrung kennt“, sagt Patrizia Pettke, die sich zunächst auf die Beratung von Angehörigen konzentriert. „Oftmals rackern sich die Angehörigen ab, damit es den Betroffenen gut geht, vergessen aber sich selbst dabei“, so Pettke. „Dabei ist die Selbstfürsorge elementar.“ Gleichzeitig erteile das Umfeld eines depressiv Erkrankten meist unaufgefordert Ratschläge. Pettke: „Doch diese sind Schläge für die Seele, denn der Betroffene merkt selbst, dass er nicht mehr wie gewohnt funktioniert, hat bereits großen Druck und ist deshalb sehr dünnhäutig.“ 

Als Genesungsbegleiterin ist Patrizia Pettke gleichermaßen Dolmetscherin zwischen Umfeld und Betroffenen und Vorbild dafür, wieder ein sinnerfüllendes und selbstbestimmtes Leben führen zu können. „Wir sind durch unsere eigene Lebensgeschichte eine wunderbare Ergänzung zur Angebotspalette im psychiatrischen Hilfesystem. Wir ersetzen keine andere Berufsgruppe und therapieren auch nicht, sondern ergänzen das Portfolio“, erklärt Pettke, die gut vernetzt ist, Ansprechpartner in Institutionen und Hilfsangebote unterschiedlicher Organisationen vor Ort kennt.

Das Angebot im Peter-Rantzau-Haus, das ohne Terminabsprache und bürokratische Hürden kostenfrei in Anspruch genommen werden kann, ist zunächst auf ein Jahr befristet. „In dieser Zeit sehen wir, wie groß die Nachfrage nach dieser Anlaufstelle ist“, sagt Ursula Pepper. „Zum anderen wird sich zeigen, ob eine solche Beratungsstelle ein guter Einsatzort für Genesungsbegleiter ist und sich daraus eventuell weitere Projekte entwickeln.“

Patrizia Pettke ist montags von 10 bis 12 Uhr, jeden ersten und dritten Dienstag von 16 bis 18 Uhr  sowie jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat von 18 bis 20 Uhr im Beratungsraum des Peter-Rantzau-Hauses (Manfred-Samusch-Straße 9) ansprechbar. Interessierte erreichen sie auch per E-Mail (pettke@buerger-stiftung-stormarn.de) oder telefonisch unter 0157 72104658

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